Die 4 wichtigsten Kundentypen
Der Umgang mit dem Kunden, das tägliche Brot des Verkäufers, ist nicht immer einfach. Es ist nur allzu menschlich, wenn wir mit manchen gut, mit anderen weniger gut und manchmal auch gar nicht können. Meistens kann es sich ein Verkäufer allerdings nicht leisten, nur mit Sympathieträgern zu verhandeln – Flexibilität ist gefragt, und im Vertriebsleben ist jeder gut beraten, sich auch ein wenig mit Verkaufspsychologie zu befassen. Es macht mehr Spaß und den Verkäuferalltag interessanter, wenn man über die oberflächlichen Tipps und Tricks aus der Manipulationskiste hinaus die Grundlagen versteht, auf die sie aufbauen.
Ab Ende der 1990er Jahre, befeuert vom Fortschritt der bildgebenden Verfahren in der Hirnforschung, kristallisierte sich mehr und mehr heraus, dass Rationalität als Triebfeder menschlichen Handelns weit weniger bedeutend scheint als Emotionen. Verkauf, Markenführung und Co. sind naturgemäß ein breites Feld für die Umsetzung dieser Erkenntnisse in der Konsumforschung, und so gibt es heute zahlreiche praktisch anwendbare Modelle, die sich auf diese Ergebnisse stützen.
Emotionssystem vs. Bedürfnis-Hierarchie
Modelle gibt es von unterschiedlichen Neurologen, Psychologen, Psychiatern und anderen Forschern, oft benannt nach deren Namen, und immer wieder überarbeitet. Die Maslowsche Bedürfnispyramide etwa stammt aus den USA der 1950er, immer noch wird oft Bezug darauf genommen. Darin werden die menschlichen Bedürfnisse in eine Hierarchie gebracht, um daraus die Auswirkungen ihrer Befriedigung oder Nicht-Befriedigung abzuleiten.
Verkäufer lernten etwa daraus, dass ein Abschluss gefährdet ist, wenn sich der Kunde in die Ecke gedrängt fühlt, oder dass er dem Verkaufsgespräch nicht folgen wird, wenn er Durst hat. Zu einfach? Mal ehrlich, wie oft wird im Meeting-Marathon vergessen, einem Kunden, der an einem heißen Sommertag gerade dem Taxi entstiegen ist, ein Glas Wasser anzubieten?
Während in den 1970ern gerne äußere Einflüsse auf die Bedürfnisse untersucht wurden, wie man an den Lebenswelten und Milieus des Sinus-Marktforschungsinstituts gut sehen kann, blicken neuere Modelle in das Gehirn des Individuums hinein. So etwa jenes, das der deutsche Psychologe und Hochschuldozent Hans-Georg Häusel in seiner Publikation „Think Limbic!“ ausgeführt hat: Es postuliert neben den physiologischen Grundbedürfnissen drei große emotionale Systeme, die das menschliche Verhalten bestimmen:
- Balance (oder das Bedürfnis nach Sicherheit, Stabilität, Ordnung, Sozialgefüge)
- Dominanz (oder das Streben nach Macht, Status, Durchsetzung, Gewinn)
- Stimulanz (oder Neugier, Erlebnishunger, Streben nach Belohnung und Anerkennung)
Je nach Ausprägung der einzelnen Faktoren werden so bis zu sieben oder mehr Marketing-Personas unterschieden. Die feine Granulierung können wir getrost Theoretikern und Markenführungs-Experten überlassen.
Für den Alltag im Verkauf genügt es völlig, die 4 wichtigsten Kundentypen zu unterscheiden, um sich besser als die meisten auf ein Verkaufsgespräch vorzubereiten:
1. Der Macher
Der Macher mag keine halben Sachen. Er ist direkt, fordernd, hat wenig oder keine Zeit und will alles, und zwar sofort. Es ist unschwer zu erkennen, dass er nach Dominanz in Form von Macht und Durchsetzung strebt.
Wie erkennen Sie einen Macher? Meistens ziemlich schnell an seinem Auftreten. Sein Blick ist fest und direkt, er hält sich nicht lang mit Begrüßungsfloskeln auf, kommt sofort zur Sache. Er will das Gespräch führen, stellt Fragen so dass Ihnen klar wird, Sie sind sein Lieferant. Macher haben nicht viel Geduld. Sie wissen was sie wollen und werden nicht lange bei der Sache bleiben, wenn sie nicht das Gefühl haben, dass es genau darum geht.
Don’t:
- Langwierige Erklärungen, Schachtelsätze, unsichere Auskünfte, Vertrösten auf später, sowie jede Art von banalen Gesprächen über das Wetter, verlegene Äh’s und Hm’s sind hier definitiv fehl am Platz.
- Die Arme vor der Brust verschränken signalisiert Abwehr und wird mehr davon herausfordern – verzichten Sie darauf.
- Sie nesteln nicht an Knöpfen, Fingern, Kugelschreibern herum.
- Im Sitzen überschlagen Sie die Beine nicht und schon gar nicht zucken Sie rhythmisch mit der Fußspitze.
Do:
- Halten Sie Blickkontakt – um übermäßiges Anstarren zu vermeiden blicken Sie auf die Nasenwurzel des Gegenübers.
- Stehen oder sitzen Sie mit geradem Rücken, Beine schulterbreit auf dem Boden und körpernahen, aber offenen Armen.
- Formulieren Sie Erklärungen konzentriert und in knappen Sätzen.
- Unterbreiten Sie Vorschläge mit einer Alternative zur Wahl und überlassen Sie dem Kunden die Entscheidung.
- Korrigieren Sie diesen Kunden nie, und geben Sie ihm nicht zu verstehen, dass er falsch liegt. Ist er tatsächlich im Begriff eine Fehlentscheidung zu treffen, formulieren Sie so oder ähnlich: „Die meisten haben es bis jetzt immer so gehalten („Ihre Alternative“), aber ich bin mir sicher, Sie haben gute Gründe für („seine Alternative“)“.
Macher haben verschiedene Vorteile als Kunden, wie Entscheidungsfreude und die Bereitschaft, für eine gute Leistung auch gutes Geld zu bezahlen. Damit bieten Sie einen fruchtbaren Boden für Qualitäts-Argumente. Macher sehen es aber auch sportlich, vorhandene Spielräume auszureizen soweit es geht, daher sind Sie gefordert, in der Preisgestaltung bestimmt und präzise zu sein.
2. Der Fachmann
Diesen Kundentypen findet man besonders häufig unter Technikern, auch Controller und Wissenschaftler gehören gerne dazu. Hier wird jede Entscheidung bis aufs kleinste Detail hinterfragt, das kann mitunter dauern. Ein Streben nach Dominanz ist vorhanden, drückt sich hier aber mehr in Expertise aus und geht mit einem Bedürfnis nach Balance (hauptsächlich im Sinne von Sicherheit und Vermeidung von Fehlern) einher.
Wie erkennen Sie den Fachmann? Als gründlicher Analytiker fragt er Ihnen das sprichwörtliche Loch in den Bauch. Auf schmückendes Beiwerk wie Höflichkeitsfloskeln verzichtet er gerne, und er hat sich im Vorfeld bereits gründlich informiert, was er Sie von allem Anfang an wissen lässt.
Don’t:
- Vermeiden Sie Termine mit solchen Kunden, wenn Sie nicht gründlich vorbereitet sind.
- Äußern Sie sich nicht zu Dingen, die Sie nicht mit tieferen Informationen oder Tatsachen stützen können.
- Lassen Sie sich nicht auf einen „Wer ist schlauer“-Schlagabtausch ein, denn wenn Sie den Kampf gewinnen, verlieren Sie den Kunden.
Do:
-
Stellen Sie alle weiterführenden Informationen bereitwillig zur Verfügung und halten Sie Infoblätter bereit. Dieser Kundentyp liest technische Beschreibungen tatsächlich und ist scharf auf alles, was ihm hilft seine Einschätzung zu verbessern.
- Stellen Sie ihm fachliche Fragen. Bei einem solchen Gegenüber lohnt es sich, Feedback über das eigene Produkt und auch Produkte von Mitbewerbern einzuholen.
- Loben Sie seine Expertise und fragen Sie ihn ruhig nach Details wie Preisen, Service- oder Supportleistungen. Er wird sein Wissen bereitwillig teilen und hat Spaß an solchen Gesprächen.
- Seien Sie pünktlich und halten Sie Fristen, Termine, Versprechungen penibel ein.
Der Fachmann als Kunde kann mitunter als nicht sehr höflich, besserwisserisch oder mühsam rüberkommen, doch mit dem richtigen Draht ist er für Sie als Verkäufer immer von Nutzen. Sie können bei ihm mit kleinen Unterschieden zu Produkten von Mitbewerbern punkten, die andere nicht einmal verstehen, und auch einen höheren Preis durchsetzen. Und selbst wenn er nicht kauft ist sein Feedback in Bezug auf Konkurrenzprodukte und Ihre eigene Präsentation nützlich.
3. Der loyale Netzwerker
Den loyalen Netzwerker gibt es in allen Branchen. Er ist fest davon überzeugt, dass es ihm zum Nutzen gereicht, irgendwo dazu zu gehören. Er baut auf beständige, bewährte Beziehungen und achtet sorgsam darauf, sie zu pflegen. Er wird von seinem Bedürfnis nach Balance im Sinne von Stabilität und Verlässlichkeit angetrieben, gleichzeitig strebt er nach Stimulanz im Sinne neuer Kontakte, die er aber gerne gleich in seinen vertrauten Bestand einordnen möchte.
Wie erkennen Sie einen loyalen Netzwerker? Am leichtesten daran, dass er von Zulieferern und Geschäftspartnern mit besitzanzeigenden Adjektiva spricht und sie alle mit Namen kennt: „mein IT-Berater“, „mein Hardware-Händler“, „mein Presse-Agent”, …
Don’t:
- Vermeiden Sie unbedingt, jemanden aus dem Netzwerk dieses Kunden zu kritisieren – selbst, wenn er es selber tut und auch, wenn die Kritik absolut berechtigt ist.
- Er wird bei Angriff stets sein Netzwerk verteidigen und Sie im Notfall ausschließen.
Do:
- Helfen Sie dem loyalen Netzwerker, bei dem, was er liebt: dazu gehören. Immer wenn es irgendwie geht beziehen Sie ihn ein und lassen ihn teilhaben.
- Laden Sie ihn zum Newsletter ein, versorgen Sie ihn öfters mit Updates zu Entscheidungsprozessen, holen Sie seine Meinung ein, auch wenn Sie sie nicht unbedingt brauchen.
- Stellen Sie ihm bei Gelegenheit Leute vor und empfehlen Sie ihm Experten aus Ihrem Dunstkreis, wann immer es irgendwie passt.
- Lassen Sie ruhig den Namen gemeinsamer Kontakte fallen, aber zur Vorsicht stets ohne irgendwelche Bewertungen.
Der loyale Netzwerker ist, bei Laune gehalten und zufrieden, ein dankbarer und treuer Kunde. Die Routinen der Bestandskundenbetreuung fallen bei Ihm auf fruchtbaren Boden. Er wird sie weiterempfehlen, und Sie bekommen von ihm bereitwillig Feedback über die Leistungen Ihrer Kollegen und Mitarbeiter.
4. Der Socalizer
Der Socializer liebt es, ähnlich wie der loyale Netzwerker, Leute kennen zu lernen, Neuigkeiten zu erfahren, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen. Oft ist er eine echte Stimmungskanone. Bei der Pflege seiner Kontakte ist er allerdings wankelmütiger, und auch seine Kaufentscheidung wird er oft nach Sympathie oder auch dem Reiz des Neuen treffen. Sein Hauptantrieb ist Stimulanz, er ist neugierig und immer auf der Suche nach der nächsten tollen Sache oder dem aktuellsten Branchentalk, von dem noch niemand sonst etwas weiß. Sein Dominanzstreben drückt sich nicht selten in Eitelkeit aus, er will anerkannt wissen, dass er ein toller Hecht ist.
Wie erkennen Sie einen Socializer? Mit ihm plätschert der Smalltalk mühelos dahin, und unversehens schweift man weit von der Sache ab. Er kann gut zuhören und interessiert sich für Sie, wenn er auch Ihren Namen vielleicht vergessen hat.
Don’t:
- Texten Sie diesen Kundentyp niemals mit zu vielen technischen Details, Fakten oder Produktinformationen zu.
- Vermitteln Sie ihm nicht den Eindruck, es ginge nur um den Abschluss des Kaufs, sonst verlieren Sie ihn schnell.
Do:
-
Diesem Kunden müssen Sie zuallererst sich verkaufen. Ihm geht es vordergründig um die Beziehung, nicht um den Kauf.
- Er reagiert gut auf Komplimente und heimst gerne Anerkennung ein.
- Der neue Trend zum Storytelling kommt diesem Kundentyp sehr entgegen. Erzählen Sie ihm eine Geschichte zu Ihrem Produkt, zu seinem Erfinder, wie er auf die geniale Idee gekommen ist – alles, was den Kunden unterhält und Ihr Angebot interessant, einzigartig, persönlich macht.
- Hier lohnt es sich auch, persönliche Dinge zu notieren und Bemerkungen darüber zu machen: sein Golf-Handicap, Auto, Familie, kulinarische Vorlieben, …
Auch dieser Kunde wird Ihnen treu bleiben und Sie weiterempfehlen, solange Sie für ihn interessant bleiben und er Spaß daran hat, mit Ihnen zu reden. Wenn er Sie als interessanten Geschäftspartner schätzt, ist er auch weniger preissensitiv, kurzweilige Gespräche sind ihm mehr wert als Preisdiskussionen.
Denkmodelle vs. Realität
Dies sind also die 4 wichtigsten Kundentypen im Sinne unseres Artikels. Wie gesagt gibt es wesentlich feiner granulierte Modelle, doch egal wie viele Typen wir differenzieren, jede Typologie wird immer eine Vereinfachung darstellen. Diese hilft uns dabei, einen Kommunikationsstil zu finden, der einen möglichen Kaufabschluss nicht behindert, sondern bestenfalls sogar fördert.
Wie aber die ganze Disziplin der Verkaufspsychologie lediglich eine von vielen Spielarten der angewandten Wissenschaft ist, enthüllt ein Verkaufsgespräch nur wenige Facetten der menschlichen Persönlichkeit. Wir können nicht beurteilen, wie dieselbe Person als Familienmitglied, als Ehepartner, als Arbeitgeber oder als Reisegefährte agiert, und auch nicht, welche äußeren Begleitumstände gerade herrschen. Patentrezepte gibt es nun mal keine. Doch wenn Sie sich aus der Toolbox der Verkaufspsychologie bedienen und sich theoretisch damit ein wenig auseinandersetzen, werden Sie nicht nur mehr Spaß an der Challenge Verkaufsgespräch haben, sondern Ihre soziale Kompetenz mit Sicherheit ebenso deutlich verbessern wie Ihre Abschlussrate.
Kennt man die 4 wichtigsten Kundentypen, kann man sich besser auf ein Verkaufsgespräch vorbereiten.
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